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Die Rückrunde 2002/03: Noch 16 Spiele bis zum Aufstieg
Nach dem 6:0-Fußballfest gegen Fortuna Düsseldorf und der Rückeroberung der Tabellenführung am letzten Spieltag der Hinrunde standen die Zeichen an der Hubertusallee auf Aufstieg. Die Euphorie war ins Stadion am Zoo zurückgekehrt und alles fieberte dem Aufstieg in die zweigleisige Regionalliga Nord entgegen.
Der WSV bleibt im Winter gelassen Die ersten beiden Spieltage der Rückrunde fanden noch im Dezember statt. Wegen des Rückzugs des Rheydter SV, der am ersten Spieltag mit 5:1 besiegt worden war, stand nur noch ein Spiel am Essener Uhlenkrug gegen Schwarz-Weiß auf dem Programm. Durch drei Tore in elf Minuten stand es zur Pause bereits 3:0 für die Essener. Der WSV hielt noch mal dagegen, kam in der 65. Minute zum 3:2-Anschlusstreffer, konnte laut Trainer Georgs Kreß aber insgesamt nicht den Willen aufbringen, um die Niederlage zu vermeiden.
Der WSV ging trotzdem als Tabellenführer in die Winterpause. So blieb die Vereinsführung um Präsident Friedhelm Runge und Manager Olaf Dressel („Eigentlich sind wir stark genug“) gelassen und tätigte keine unüberlegten Transfers. Stattdessen wurde sich in einem viertägigen Trainingslager in der Sportschule Duisburg-Kaiserau auf den Start in die Rückrunde vorbereitet - und der bestätigte Dressels Einschätzung!
Furioser Start in die Rückrunde Mit einem 8:1-Sieg im Derby an Karneval gegen Union Solingen sorgte der WSV direkt für klare Verhältnisse. Die Mannschaft ging schnell mit 2:0 in Führung, drei Platzverweise für die überforderten Klingenstädter ermöglichten dann das Schützenfest. Zum 1:8-Ehrentreffer durch einen direkten Freistoß von Andreas Przybilla fragte sich Stefan Bunse im Reviersport, ob WSV-Torwart Christian Maly, ansonsten über die komplette Saison ein sicherer Rückhalt, wohl schon eingeschlafen war.
Der WSV gewann auch die nächsten Partien und traf schließlich am 26. Spieltag mit der zweiten Mannschaft von Borussia Mönchengladbach auf den einzigen verbliebenen Konkurrenten im Kampf um den Aufstieg. Die Mannschaft ging konzentriert zu Werke, ließ über das komplette Spiel kaum Chancen zu und gewann am Ende vor 5.000 Zuschauern durch das entscheidende Tor von Sascha Walbröhl mit 1:0. Auf der Tribüne wurde „Nie mehr Oberliga“ angestimmt und die WZ titelte am folgenden Montag: „Jetzt ist der Weg zum Aufstieg frei.“
Sonntag, 11. Mai 2003, 16:45 Uhr, Freialdenhoven Nach Siegen gegen u. a. Borussia Wuppertal (4:1) und Viktoria Köln (2:1), aber auch einer Niederlage beim Tabellendritten SV Adler Osterfeld, rückte der Aufstieg immer näher. Am 32. Spieltag war es dann schließlich soweit: Dem WSV reichte in Freialdenhoven ein Punkt zur Meisterschaft, um sich vier Jahre nach dem Zwangsabstieg aus der Regionalliga West/Südwest wieder aus der ungeliebten Oberliga zu verabschieden. Und so kam es dann, dass sich an diesem Sonntag eine wahre Fankarawane - in von den Anhängern organisierten und von Mannschaft und Verein mitfinanzierten Bussen - auf den Weg ins Grenzland machte, um dabei zu sein. Die freundlichen Gastgeber freuten sich über die große Anzahl von Gästeanhängern, die den einen oder anderen Euro in die Vereinskasse spülten. Zudem reichte auch Borussia Freialdenhoven ein Unentschieden zum sicheren Klassenerhalt. Farbenfroh wurde Rot-Blau beim Einlaufen von den Rängen begrüßt. Unserem tschechischen Stürmer Ales Kohout gelang dann auch der 1:0-Führungstreffer für den WSV, als er einen Kopfball von Nico Reckert, der an den Pfosten gegangen war, aus kurzer Distanz volley in den Winkel abstaubte (37.). Kurz nach dem Seitenwechsel kamen die Hausherren durch Josip Labas zum Ausgleich (47.), der beiden Mannschaften genügte. Niemand hatte jetzt mehr die Motivation, den anderen die Feier zu vermiesen, sodass es sich Jean-Louis Tavarez nicht nehmen ließ, kurz vor Schluss am Mittelkreis noch ein paar Tricks vorzuführen. Dann war es endlich so weit: Mit dem Abpfiff fluteten die meisten der 1.500 WSV-Fans den Rasen und feierten mit der Mannschaft den Meistertitel in der Oberliga Nordrhein. Feuchtfröhlich wurde der Aufstieg bereits in Freialdenhoven und auf der Rückfahrt begossen, was sich im Stadion am Zoo weiter fortsetzte, wo der Verein kurzerhand den VIP-Raum öffnete, sodass Spieler, Stab, Offizielle und zahlreiche Anhänger einfach weiterfeierten und es eine lange Nacht wurde.
Die besten Torschützen des WSV waren am Ende Oliver Ebersbach mit 16 sowie die Mittelfeldspieler Mirko Stark und Thomas Rietz mit jeweils 10 Treffern. Torschützenkönig wurde Holger Gaißmayer von Borussia Wuppertal mit 22 Treffern. Jan Schlaudraff, der vier Jahre später zu Bayern München wechseln sollte, war mit 14 Treffern der beste Torschütze von Verfolger Borussia Mönchengladbach II. Ausschlaggebend für den Aufstiegserfolg war vor allem die Heimstärke des WSV, die den Unterschied ausmachte: Die Mannschaft verlor in Wuppertal kein Spiel und gewann bei einem Torverhältnis von 49:9 14 der 16 Begegnungen im Stadion Zoo.
Im Gespräch mit Christian Maly
Hallo Christian, du bist 2002 neu zum WSV gekommen. Was hat euch damals ausgezeichnet? Wir waren damals eine überragende Truppe mit einem guten Mix an Spielern, in der sich ganz viele untereinander super verstanden haben. Es gab eine unheimliche Kameradschaft - da war dir keiner egal, mit dem du zusammengespielt hast. Es war auch eine andere Zeit, das kann man ja jetzt mal sagen. Nach dem Training am Freudenberg hat der Effes regelmäßig für Grillgut gesorgt. Wir saßen dann oft um 22 Uhr immer noch dort - und zwar nicht nur mit ein, zwei Leuten, sondern mit fünf bis zehn. Das fand ich sehr, sehr cool. Ich wollte nie Profi werden, sondern bin da eher so reingerutscht. Von daher hatte ich nicht den Anspruch, nur noch Hühnchen oder Salat zu essen. Das Gesellige war dadurch schon gegeben. Ich glaube, das war dann auch ausschlaggebend gegenüber anderen Mannschaften wie Borussia Mönchengladbach.
Ihr wart sogar öfters zusammen feiern… Wir waren oft im Kitchen Klub oder im Pavillon unterwegs. Das ist heute alles unvorstellbar, weil jeder feiernde Spieler nach einer Niederlage in Fotostories im Internet auftauchen würde. Das könntest du in Wuppertal heute gar nicht mehr machen. Wir sind halt einfach hingegangen - wir hatten eine schöne Zeit!
Welche Rolle hat Trainer Georg Kreß gespielt? Er hat uns gut angeleitet und alles so gemanagt, dass die Mannschaft die Entscheidungen weitestgehend alleine treffen konnte. Gerade die Älteren wie Markus Bayertz, Ales Kohout, Oliver Ebersbach oder Frank Klemmer, der ja leider verstorben ist, haben dann die Verantwortung übernommen. Dazu kam Vladimir Hyza, der zwar nicht viel erzählt hat, aber wenn er was gesagt hat, hat es gepasst. Georg Kreß konnte sich natürlich auch nach außen hin immer super verkaufen und war, so glaube ich, als Trainer der absoluter Fanliebling.
In den ersten Spielen war das Stadion noch gar nicht so voll, aber die Stimmung wurde dann im Laufe der Saison immer besser... Das Stadion am Zoo wurde immer voller und die Fans haben uns überragend unterstützt. Das hat richtig Laune gemacht. Die ersten zwei Jahre waren richtig, richtig super. Ich wohne im Zooviertel und damals war es teilweise richtig schwer, an den Spieltagen einen Parkplatz zu bekommen. Jetzt ist das leider anders und du kannst auch um Viertel vor eins noch mal eben zum Supermarkt fahren. Mit meinen Töchtern gehe ich hin und wieder ins Stadion, wenn es passt. Wenn ich denen dann erzähle, dass ich hier vor 20.000 Zuschauern gespielt habe und richtig Rabatz gemacht wurde, können die sich das gar nicht mehr vorstellen. Die Fans machen das heute auch gut, aber es war damals halt noch mal gefühlt eine andere Nummer.
Vielen Dank für das Gespräch, Christian!
Quelle: neunzehn54 Ausgabe 9 | Stand: 01.05.2023
Historisches vom Wuppertaler SV im Archiv: https://wsv-archiv.rot-blau.com
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